Freitag, 27. August 2010

Wie kann so etwas praktisch aussehen?

Anregende Lernerfahrungen? – Erfolgserlebnisse und dadurch Motivaton der Schüler?
Wie ist das praktisch zu bewerkstelligen ?

Geplant war ein Unterrichtsprojekt an den Schulen Wurupongs: Ungewohnte, anregende Lehr-und Lernerfahrungen sowie als Abschluss des Projekts eine öffentliche Ausstellung im Wurupong Community Center. Dadurch sollte zuallererst den Schülern die Erfahrung vermittelt werden, im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen. Sie, die immer nur gescholten werden, weil sie zu spät zum Unterricht kommen, weil sie die Hausaufgaben nicht gemacht haben, weil die Schuluniform nicht sauber ist oder ein Knopf fehlt, oder einfach nur, weil sie nicht das wissen, was sie wissen sollten, sie sollten die Erfahrung machen, dass sie fähig sind, etwas Beachtenswertes hervorzubringen, etwas, das so viel Wert hat, dass es sogar in einer öffentlichen Ausstellung gezeigt werden kann. Es ging also darum, den Schülern aktives, schülerzentriertes Lernen zu ermöglichen, Erfolgserlebnisse zu vermitteln und dadurch Lernmotivation zu schaffen.

Die Durchführung dieses Projektes wäre nicht möglich gewesen ohne die Initiative von Prof. Bea Lundt von der Universität Flensburg. Mit einer Gruppe von sechs Studenten war sie im März 2010 eine Woche lang in Wurupong. Unter ihrer Leitung hatten die Studenten spezielle Unterrichtsprojekte vorbereitet. Alle fünf Schulen Wurupongs waren beteiligt: District Authority Primary School, Roman Catholic Primary School, Presbyterian Primary School, Roman Catholic Junior High School und Presbyterian Junior High School.
Partner Uni Flensburg -Wurupong

Eine Woche lang übernahmen die Flensburger täglich zwei Unterrichtsstunden des Faches ‚Social Studies’, wobei jede Klasse eine unterschiedliche Fragestellung bearbeitete, in der es um die Verbindung von persönlicher Lebensgeschichte, Familiengeschichte, Lokalgeschichte und Geschichte des Landes ging.
Zum Beispiel wurden zu einem besonderen Ereignis im persönlichen Leben Bilder gemalt und Texte geschrieben. Eltern und Verwandte wurden nach Familiengeschichte und nach Erinnerungen an besondere historische Ereignisse befragt, die Interviews mit Fotos dokumentiert und dann schriftlich festgehalten. Eine andere Klasse untersuchte Gegenstände oder Örtlichkeiten auf ihre Beziehung zur lokalen, regionalen oder nationalen Geschichte hin.
Zu jedem Thema wurden Bilder gemalt und Texte geschrieben, der Unterricht wurde von einem der Studenten, Sven Ellerbrock, mit der Kamera dokumentiert und alle Ergebnisse auf einer Stellwand festgtehalten.

Alle für das Projekt benötigten Materialien, Buntstifte, Bleistifte, Radiergummis, Kulis, Tapetenrollen, Papier/ Hefte, Klebestifte und-rollen, sowie einen Drucker für die Fotos/Fotopapier hatten die Studenten mitgebracht.

Die Austtellung im Community Center am Ende der Projektwoche, Freitag, den 19.3.2010, war ein großer Erfolg. Nana Asiakwa II, Paramount Chief of Nkonya Traditional Area, war mit seinem „Ältestenrat“ anwesend, sowie alle Schulen, d.h. alle Schüler und Lehrer Wurupongs und eine beachtliche Anzahl von Eltern – dadurch identifizierbar , dass sie von Schülern vor die Stellwände gezerrt wurden, um gemaltes Bild und Text sowie die Fotos ihrer Kinder zu bewundern. Gücklicherweise war als Chairman der Veranstaltung der gewählte Vertreter Wurupongs in der Distriktversammlung anwesend, der alle Reden, die das Projekt erklärten bzw. Erziehungsfragen behandelten, in Nkonya übersetzte bzw. zusammenfasste, so dass auch Eltern, die nicht genug Englisch verstehen, mitbekamen, um was es ging.

Mit dem Unterrichtsprojekt und der Ausstellung wurden demnach alle Adressatengruppen erreicht: Die Schüler, die ihre Arbeit im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses sahen; die Eltern, die wohl zum ersten mal die Arbeiten ihrer Kinder in der Schule wahrnahmen; die Lehrer, die ihre Schüler vielleicht noch nie so begeistert bei einer Sache gesehen haben und natürlich auch die traditionellen und modernen Autoritäten, Chief und Assemblyman, die zugeben mussten, dass es sich lohnt, im Bereich Erziehung etwas zu unternehmen.

Das nicht verbrauchte Material, Papier und Buntstifte, verblieb in den Schulen. Schon am ersten Projekttag hatten Lehrer gemeldet, dass sie auch gern so etwas machen würden, aber keine Materialien hätten.
Die 4 Stellwände und Bilder gingen anschließend in den Besitz der beteiligten Schule über.

Die Idee, im Zusammenhang mit diesen Unterrichtsprojekten zur Lokalgschichte eine Art Heimatmuseum im Wurupong Community Center aufzubauen, musste dagegen zunächst einmal auf Eis gelegt werden. Das Projekt hat hierzu interessante Ansätze gezeigt, aber weitere längerfristige Vorarbeiten sind nötig, sicher auch die Beratung durch einen Museumspädagogen.

Bevor wir durchstarten zum nächsten Kooperationsprojekt Wurupong-Universität Flensburg, das am 11. September 2010 beginnt, möchte ich einen genaueren Einblick in die abgeschlossenen Unterrichtsprojekte an den Schulen Wurupongs vermitteln. In den nächsten Tagen werde ich daher individuelle Berichte und Bilder der Studenten, die im März 2010 in Wurupong waren, in den Blog aufnehmen.

Dienstag, 24. August 2010

Wie kann man daran etwas ändern?

Was sind die Ursachen für das generelle Schulversagen? Was kann man tun, um das Lernen in den Schulen zu verbessern?

Im November 2009 haben wir diese Frage zahlreichen Personen in Wurupong gestellt: Eltern, Schulleitern, Lehrern, Schülern und Vertretern der traditionellen Gemeindeverwaltung( Nananom). Im Dezember 2009 trafen sich Vertreter dieser Gruppen, diskutierten die Ergebnisse der Umfrage und einigten sich auf eine Strategie, die Eltern, Lehrer, Schüler und Gemeinde-verwaltung in einen Veränderungsprozess einbinden soll.

Was soll das Projekt bewirken?

Durch verschiedene aufeinander abgestimmte Aktionen sollen Schüler zum Lernen und Lehrer zum effektiveren Unterrichten motiviert werden. Eltern sollen verstehen, dass ihr Beitrag für das schulische Lernen ihrer Kinder wichtig ist und dass ihre Indifferenz den schulischen Erfolg behindert. Die traditionelle Gemeindeverwaltung (Nananom) muss ihre Verantwortung für Probleme der Schulen sichtbar wahrnehmen.

Kurz gesagt, es geht um Ziele wie Verbesserung der Unterrichtsqualität durch Lehrerfortbildung und durch Verfügbarkeit von Lehrmitteln, um die Verbesserung der Lernbereitschaft der Schüler durch stimulierende Lernerfahrungen im Rahmen von speziellen Unterrichtsprojekten und durch Anerkennung der Leistung z.B. durch die Präsentation von Schulprojekten in der Öffentlichkeit. Schließlich geht es um eine kontinuierliche und geregelte Zusammenheit von Schulen, Lehrern, Eltern, Gemeinde und staatlicher Schulaufsicht.

Wie kann so etwas praktisch aussehen? Dazu gibt es in den nächsten Tagen ein paar Beispiele. Dank Sven Ellerbrock sogar mit Fotos.

Montag, 23. August 2010

Wie alles angefangen hat.

Angefangen hat es mit der Nachricht, dass kein Schüler der kleinen Landstadt Wurupong die Prüfung am Ende der neunjährigen Basic School (6 Jahre Primary School und 3 Jahre Junior High School) bestanden hatte. Nichts Besonderes. Vielen Schülern aus ländlichen Schulen geht es ebenso. Sie fallen duch die landesweite Zentralprüfung oder sie bestehen mit so schlechtem Resultat, dass sie bestenfalls einen Platz in einer schlechtausgestatteten und vernachlässigten Sekundarschule (Senior High School) bekommen, wo ihre Schulkarriere spätestens an der zentralen Senior-High-School-Prüfung scheitert, die das Eingangstor für Lehrn- und Ausbildungsstätten des Teriären Bereich darstellt.
Wie konnte es dazu kommen? Ohne große Anstrengung lassen sich zahlreiche erfolgreiche Söhne und Töchter der Stadt aufzählen, die akademisch und beruflich in den städtischen Zentren Karriere gemacht haben. Da gibt es Rechtsanwälte, Universitätsprofessoren und praktische Ärzte, daneben Krankenschwestern und –pfleger, Lehrerinnen und Lehrer und Verwaltungsbeamte auf allen Hierarchieebenen. Sie alle sind in Wurupong geboren und aufgewachsen und haben dort zumindest die Primarschule besucht. Warum muss man, wenn man heute ein Kind aus Wurupong fördern möchte, dieses nach Accra verpflanzen, um dessen schulischen Erfolg zu sichern? Wer heute die örtlichen Schulen absolviert, ist zu einem Leben in Armut verurteilt. Nachdem sie ihre Schulzeit abgesessen haben, oft ohne richtig lesen und schreiben zu lernen, zieht es die Jugendlichen in die städtischen Zentren, wo sich die Mädchen als Hausmädchen verdingen, die Jungen jeden Gelegenheitsjob annehmen, der sich ihnen bietet.
Lässt sich daran nichts ändern?