Samstag, 11. Februar 2012

Second Speech- And- Prize-Giving Day 2011

(Text: Prof. Dr. Bea Lundt )

„Nana, guck mal: das hab‘ ich gemacht!“ Strahlend zeigt ein Kind seiner Großmutter einen handgeschriebenen und liebevoll farbig illustrierten Text, der auf einer Stellwand aus Holz befestigt ist. Die alte Frau hat Nachbarn und Bekannte mitgebracht, und alle umringen jetzt bewundernd das Werk des Jungen: „Hier auf dem Foto, da ist unser Kofi drauf, wie er in der Schule sitzt. Und was für eine tolle Geschichte hat er geschrieben.“

Stolz und Freude der Kinder und ihrer Angehoerigen und Freunde ueber die in der Schule erarbeiteten Ergebnisse sind grenzenlos. Kein Wunder! Denn zusammen mit sechs deutschen Lehramts-Studierenden der Universität Flensburg haben die Schülerinnen und Schüler über eine Phase von sechs Wochen etwas erarbeitet, das nun für alle Bewohner der kleinen Stadt Wurupong öffentlich präsentiert  wird: Dokumente des Arbeitsprozesses und die Ergebnisse  der Unterrichtsreihen: selbstgeschriebene Erzählungen und andere Texte, farbige gemalte Werke und auch Fotos der Produzenten.

Durch die Anwesenheit der traditionellen dörflichen Autoritäten erhält der Tag eine besondere Würde:  Nana Asiakwa II, der Omanhene des Nkonya Traditional Area, kommt  mit seinem gesamten Gefolge und erklärt seine Zufriedenheit mit dem Projekt, das er von Anfang an unterstützte.

Der Speech-and-Prize-giving-Day , an dem sich so viele Menschen in dem Community Center Wurupongs versammeln, stellt daher einen Höhepunkt und den krönenden Abschluß für das Schulpraktikum der Studierenden aus Flensburg/Deutschland dar.

Dieses Foto zeigt die Preisverleihung beim Speech-and-Prize-giving-Day 2011 in Wurupong.
Zu sehen auf diesem Foto sind Prof. Dr. Bea Lundt, Dr. Kwadjoe Fordjor sowie Studierende
der Universität Flensburg


Diese Zeit war nicht immer einfach fuer alle Beteiligten. Die kulturellen Unterschiede und die fremde Sprache erschwerten die Kommunikation;  unvertraut für beide Seiten waren zunächst Arbeitsweise und Zielperspektiven. Man musste sich erst zusammenraufen.  Es waren Ingrid und Kwadjoe Fordjor, die uns in die für uns zunächst fremde Welt von Wurupong  einfuehrten und unsere Schritte dort seit drei Jahren begleiteten. Ohne sie hätte sich uns das bunte Leben in dieser kleinen afrikanischen Stadt nicht erschlossen. Sie sind uns Dolmetscher, Betreuer, Begleiter, Berater, Tröster in Krisen - einfach alles. So stiegen wir in Ingrids Projekt ein, das dazu dient, das schulische Lernen in Wurupong  zu fördern.  Ziel ist es, die Bedeutung und den Wert von Schule und Lernen für die städtische Gemeinschaft  bewusster zu machen, die Motivation zum Lernen zu foerdern und realistische Wege aufzuzeigen, Schullaufbahnen erfolgreich abzuschliessen sowie  Schritte in eine berufliche Zukunft zu unternehmen.  
Auf diesem Foto (v.l.): Stefan Meßfeldt, Jule Griese, Carolin Szibor, Amelie Petersen, Ilona Westphal, Hanna Beyer
sowie Prof. Dr. Bea Lundt in Wurupong 2011.
Seit 2009 komme ich jedes Jahr mit sechs Lehramtsstudierenden nach Wurupong. Am 20. Oktober 2011 durfte ich den speech-and-prize-giving-day  zum dritten Mal erleben. Die Erfahrungen und der Fortschritt von Ingrids Projekt führten schrittweise zu einer Erweiterung des Programmes.

Stefan Meßfeldt und Carolin Szibor bei
der Preisverleihung in Wurupong
2011
Immer mehr Gruppen sind aktiv beteiligt: neben der Präsentation der Arbeitsergebnisse aus dem Unterricht der Praktikanten und Praktikantinnen aus Deutschland  ging es nun schon zum zweiten Mal um die Übergabe von Preisen an besonders leistungsfähige Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer.  Die jeweils besten im Rechnen und Lesen/Schreiben in den Klassen P1 bis P6 der Primarschule und die Klassenbesten in Mathematik, English, Naturwissenschaftlichem Integrationsfach und Sozialkunde in der junior High School 1 bis 3  werden auf das Podium gerufen, wo sie eine Urkunde  und ein Geschenk, in der Regel ein Sachbuch, erhalten. Sie erfahren dabei den Wert ihrer Arbeit : Die Muehe des Lernens hat sich gelohnt!

Ilona Westphal übergibt einem ihrer
Schüler einen Preis (2011)
Jule Griese, ebenfalls bei der Preisübergabe
an einen ihrer Schüler (2011)
                             
Auch für die  Lehrer und Lehrerinnen Wurupongs wird ein Anreiz geschaffen, sich anzustrengen, denn es werden  auch  Lehrpersonen ausgezeichnet, deren Vorbild für die anderen Lehrer eine Orientierungsfunktion erfüllen kann. So gewinnen wir auch fähige Mentoren und Mentorinnen, die uns bei unseren Unterrichtsversuchen beraten.  
Auf diesem Foto: der Paramounchief von Wurupong bei der Preisübergabe an die beste Lehrerin
des Jahres 2011

Zum ersten Mal waren nun 2011 auch die Kleinsten mit dabei: Anders als in Deutschland gehört  in Ghana der Besuch der  zwei Kindergartenklassen seit einem Jahr zur Schulpflicht. Um das Bewusstsein  zu stärken, dass „Education“ eine Aufgabe der sozialen Gemeinschaft ist, die bei den Kleinsten anfängt, hatte  Ingrid auch die Kindergartenkinder und ihre Betreuerinnen eingeladen. Die Kinder zogen durch das Community Center und sangen Lieder.

 Oft genug ist Schule ein Ort, der mit Unlustgefühlen verbunden ist - und das nicht nur in Wurupong: Kritik und Strafen wegen schlechter Leistungen und unruhigen Verhaltens erzeugen das Gefühl der Sinn- und Hoffnungslosigkeit und des Scheiterns. Diese Mentalität lähmt wiederum die Lernbereitschaft. Auch die Lehrpersonen mit ihren unerfüllten Ansprüchen sind ständig frustriert und lassen ihren Ärger an den Kindern aus. Die Unzufriedenheit überträgt sich auf die ganze Gemeinschaft, die nicht recht weiss, wozu Schulen eigentlich nützlich sind, wenn sie so viel Ärger produzieren: ein Teufelskreis. Wir wollen ihn durchbrechen!  Ein gemeinsam gestalteter Tag, an dem die ganze Community die schönen Produkte der schulischen Aktivitäten erleben darf und sie  zusammen feiert, kann als positive Erinnerung weiterwirken. Die Wände der Schulen werden durchlässig, die Arbeit dort für die Gemeinschaft  sichtbar und nachvollziehbar. Man lernt sich kennen und schätzen. Als feste Einrichtung soll der speech-and-prize-giving Day im kollektiven Gedächtnis seinen Platz haben. Wenn man weiss, dass man etwas bekommt, dann gibt man auch gerne selber etwas: persönlicher Einsatz verbindet alle Personen, die sich damit auf den nächsten Festtag vorbereiten.    
Zu sehen auf diesem Bild ist Amelie Petersen zusammen mit ihrer Schulklasse in Wurupong 2011

In den traditionsreichen und grossen  Schulen des Landes sind solche Events  gang und gäbe. Grosszügige private Zuwendungen ermöglichten seine Etablierung  in  Wurupong  seit 2009. Allen Spendern und Spenderinnen auch von uns Flensburgern einen allerherzlichsten Dank! Denn dieser Tag stellt auch für uns einen Rahmen dar, in dem sich unsere  Aktivitäten für uns sichtbar einordnen. Wir sind ein Teil der afrikanischen Stadt geworden! Ich denke, alle an diesem Tag Beteiligten, sowohl die Prämiierten als auch die vielen anderen, gingen glücklich und beschwingt mit dem Gefühl nach Hause, eine wichtige Person im Rahmen eines Ganzen zu sein, das sinnvolle Ziele engagiert umsetzt.