In
Ghana ist der Besuch der Basic School, die 2 Jahre Kindergarten, 6 Jahre
Primary School und 3 Jahre Junior High School einschließt, kostenlos. Für die
Zulassung zur dreijährigen Senior High School muss eine Prüfung, die Basic
Education Certificate Examination (BECE), absolviert werden. Außerdem müssen
nun Schulgebühren bezahlt werden.
Obwohl
das Erziehungsministerium die Schulgebühren für die Senior High Schools in
einem gewissen Rahmen kontrolliert, führen steigende Lebenshaltungskosten und
Währungsverfall zu einem kontinuierlichen Anstieg. Sogar wer in der Nähe einer
Senior High School lebt und für seine Kinder nicht auf die teure
Internatsunterbringung angewiesen ist, sieht sich zu Beginn jedes „Terms“ - also drei mal pro Schuljahr – zuweilen
für mehrere Kinder mit einer Rechnung konfrontiert,
die selbst Mittelschichtseltern schwer zu schaffen macht. Von vielen Bewohnern
Wurupongs können die Beträge, um die es dabei geht, gar nicht oder nur unter
größten Schwierigkeiten aufgebracht werden.
Die
Nkonyaman Foundation hatte bereits in den letzten Jahren einzelne Stipendien vergeben.
Im vergangenen Jahr haben nun 23 Schülerinnen und Schüler das Basic Education
Certificate Examination (BECE) bestanden. Dieser erfreuliche, aber aus
finanzieller Sicht dramatische Erfolg unseres Schulprojekts zwingt dazu, das
Thema „Stipendien“ neu zu überdenken.
Die BECE-Besten der drei JHS-Schulen erhalten einen Buchpreis mit Urkunde |
Wenn in Ghana von Stipendien die Rede ist, dann werden üblicherweise als Auswahlkriterien "brilliant and needy" genannt, d.h. es geht sowohl um schulische Leistung als auch um Bedürftigkeit.
- Kriterium: Schulische LeistungSeit dem Speech-and-Prize-Giving-Day im Oktober 2014 wird in Wurupong für den besten Absolventen in der BECE-Prüfung ein volles Internatsstipendium für die 3 Jahre Senior High School vergeben.
Die BECE-Prüfung, die über den Zugang zur Senior High School entscheidet, wird landesweit und zentral von einem staatlichen Prüfungsamt durchgeführt. Die Ergebnisse können von den Kandidaten über das Internet eingesehen werden. Das School Management Committee und auch die Nkonyaman Foundation können sich über die Prüfungsergebnisse über den District Director of Education informieren. Der Leistungsaspekt ist hier entscheidend, d.h. die Schülerin bzw. der Schüler mit dem besten Prüfungsergebnis erhält das Stipendium. - Kriterium: BedürftigkeitAuch hier spielt Leistung eine Rolle, aber die finanzielle Situation steht im Vordergrund. Für die Bewertung der schulischen Leistung lässt sich mit dem Prüfungsergebnis ein objektives Kriterium heranziehen. Für Hinweise auf die Bedürftigkeit ist man dagegen auf Informationen von Lehrern, Verwandten oder engagierten Mitbürgern angewiesen. Im letzen Jahr machte z. B. eine Lehrerin auf eine sehr gute Schülerin aufmerksam, für die aufgrund ihrer familiären Umstände - sie ist Vollwaise - ohne Hilfe ein Zugang zur Senior High School nicht möglich gewesen wäre. Da sie „nur” das drittbeste Prüfungsergebnis Wurupongs erzielt hatte, kam das reine „Leistungs“-Stipendium für sie nicht in Frage. Die Überschaubarkeit Wurupongs mit ca. 5000 Einwohnern wirkt dabei als Korrektiv gegen unwahre Angaben.
- Hilfe in akuten NotlagenWährend nach den obigen Kriterien Absolventen des BECE-Examens ihr Stipendium für die vollen drei Jahre der Senior High School erhalten, sollte es daneben die Möglichkeit zur Hilfe in akuten Notlagen geben. Eine solche Situation kann sich ergeben, wenn eine Familie es zwar geschafft hat, die Schulgebühren für das erste Jahr der Senior High School aufzubringen, aber z.B. durch Krankheit oder Tod finanziell so belastet wird, dass der Schulbesuch abgebrochen werden müsste. Vom Einzelfall hängt es ab, ob in solchen Fällen Vollstipendien vergeben werden oder ob die Notlage mit einem Teilstipendium behoben werden kann. Neben der Bedürftigkeit spielen auch hier die schulischen Leistungen, abzulesen an den End-of-Term-Reports, eine Rolle.
Für den
Vorstand der Nkonyaman Foundation stellt sich die Frage, von welchen Vorgaben
man bei der Stipendienvergabe ausgehen soll und wie die genannten Kriterien
jeweils zu gewichten sind.
Bisher
planen wir pro Jahr ein neues Vollstipendium für den besten Absolventen der
BECE-Prüfung Wurupongs. Das beste Prüfungsergebnis entscheidet.
Die
nicht ausschließlich leistungsbezogenen Stipendien, die aufgrund finanzieller
Notlagen bewilligt werden, lassen sich nicht exakt vorausplanen. Die Mittel im
„Stipendientopf“ entscheiden letztendlich über die Möglichkeit, hier zu
helfen.
Bei der
Vergabe neuer Stipendien muss im Blick behalten werden, welche finanziellen
Mittel notwendig sind, um die aktuell geförderten Stipendiaten bis zum Ende
ihrer dreijährigen Senior-High-School-Zeit weiterhin zu unterstützen. Ebenso
wichtig ist es, dass die Aktivitäten zur Leseförderung und Lehrerfortbildung
fortgeführt werden.
Da die
Anmeldung zur Prüfung mit der Wahl einer bestimmten Senior High School
gekoppelt ist, und da die Schulgebühren der Schulen unterschiedlich
ausfallen können, muss für jedes Schuljahr neu geplant und gerechnet werden. Für
das Schuljahr 2014/15 liegen die Zahlen nach Abrechnung des 3. Terms jetzt vor.
Für ein Jahres-Vollstipendium (3 Terms mit Internatsbesuch) mussten zwischen
456 und 473 Euro ausgegeben werden.
Jeweils
spätestens im Oktober, vor Beginn des neuen Schuljahres, wird die Nkonyaman
Foundation einen Überblick über die Stipendienvergabe des vergangenen
Schuljahres mit den entsprechenden Belegen der NGO „Rainbow over Ghana“ und dem
Verein “Cultural Diversity” vorlegen. Gleichzeitig soll eine Liste mit
möglichen neuen Stipendiaten Aufschluss über die in diesem Bereich geplanten
Aktivitäten geben.
Wir danken den beiden Vereinen und der evangelischen Kirchengemeinde Koblenz-Pfaffendorf sowie allen Personen, die das Schulprojekt in Wurupong begleiten und unterstützen.
Wir danken den beiden Vereinen und der evangelischen Kirchengemeinde Koblenz-Pfaffendorf sowie allen Personen, die das Schulprojekt in Wurupong begleiten und unterstützen.
Zum
Schluss eine Geschichte, in der es um eine Petroleumlampe und das fehlende
Schulgeld geht. Die Geschichte über „Agis Lampe“ spielt vor mehr als 60 Jahren. So,
wie es Opepe damals ergangen ist, der alle Aufgaben am schnellsten löste und
dennoch froh sein musste, dass er als Hilfsarbeiter im Straßenbau eine Arbeit
fand, kann es auch heute noch Kindern aus Wurupong ergehen.
Agis Lampe
Früher sollen die Schulen in Ghana ja viel
besser gewesen sein - auch die Schulen auf dem Land. Ob das wahr ist, kann ich
nicht beurteilen. Sicher aber ist, auch damals waren verschiedene glückliche
Umstände nötig, damit ein Kind aus Wurupong eine Sekundarschule besuchen und
einen einträglichen Beruf ergreifen konnte.
Cousine Agi war es gelungen, ihre Mutter zu
überreden. Nach Abendessen und Abwasch durfte sie die Petroleumlampe der
Familie in Beschlag nehmen. Seither trafen sich jeden Abend im Lichtschein der
Lampe: Agi, Peter, Clemens and Opepe. Die vier Schulfreunde hatten sich
geschworen, die Aufnahmeprüfung für die Sekundarschule zu schaffen. Sie lernten
nun gemeinsam, halfen sich gegenseitig und lösten zusammen frühere
Prüfungsfragen.
Der nächtliche Arbeitseinsatz, Motivation und
gegenseitige Unterstützung führten zum Erfolg. Alle bestanden die Prüfung.
Und wie ging es weiter?
Agi wurde Bankangestellte bei der Ghana Commercial
Bank und arbeitete lange in Takoradi. Als sie in Rente ging, kaufte sie von
ihrer Abfindung ein Trotro* und ein Taxi und startete ein erfolgreiches
Transportgeschäft in Hohoe.
Clemens wurde Gerichtsschreiber am Supreme
Court in Accra. Nach einem auskömmlichen Berufsleben kehrte er nach Wurupong
zurück, um hier seinen Lebensabend zu verbringen.
Peter machte eine Lehrerausbildung, studierte
dann in Legon und machte seinen PHD in Hamburg. Nach seiner Rückkehr
unterrichtete er an der University of Ghana bis zu seiner Pensionierung.
Nur Opepe, der immer als erster die
Matheaufgaben gelöst hatte, bevor er seinen Freunden half, hatte Pech. Er stammte
aus einer bettelarmen Familie und es gab niemand, der ihm hätte helfen können
oder wollen, das Schulgeld für die Sekundarschule aufzubringen. Schliesslich
fand er eine Anstellung als Hilfsarbeiter beim Strassenbau. Er starb vor seinem
40. Geburtstag.
Und die Moral dieser wahren Geschichte?
Weder Intelligenz, noch Ehrgeiz, noch
Arbeitswille und nicht einmal eine Petroleumlampe für das Lernen in finsterer
Nacht reichen aus, wenn im entscheidenden Augenblick die finanzielle
Unterstützung fehlt.
(Aufgeschrieben
von Ingrid Lipka-Fordjor)
* Totro: In Ghana Bezeichnung für ein
Sammeltaxi