Donnerstag, 18. November 2010

NALAP in Wurupong

NALAP (National Literacy Acceleration Programm) ist ein phantastisches Programm. Leider ist nicht alles so einfach, wie es zunächst erscheint. Schüler sollen in einer Sprache, die sie wirklich verstehen, idealerweise in der Muttersprache, lesen lernen. Nun gibt es zwar Gegenden, wie z.B. in der  Ashanti-Region, die sprachlich ziemlich homogen sind. Die Voltaregion andererseits ist bekannt für die Vielzahl ihrer Sprachen.

Und wie geht NALAP mit dieser Sprachenvielfalt auf zumTeil kleinstem Raum um?

Der Distrikt, die unterste staatliche Verwaltungseinheit, gilt für NALAP auch als unterste Einheit der Schulverwaltung, für die eine gemeinsame afrikanische Schulsprache anzusetzen ist.  Im Falle Wurupong/ Nkonya District ist dies aber nicht das von der Mehrzahl als Muttersprache gesprochene  Nkonya, ( da es sich nicht um eine der offiziellen Schulsprachen handelt) sondern die von den meisten Distriktbewohnern verstandene Lingua Franca’ Twi’. 
D.h. NALAP kam im Mai/Juni 2010 nach Wurupong in Form der Akan-Version (Akuapim Twi).

Damit könnte man sich zufrieden geben, wenn es  nicht das Nkonya Language Projekt gäbe.

Kurz nach der Unabhängigkeit gab es in Ghana noch 32 nicht linguistisch erforschte und  damit auch nicht schriftlich fixierte Sprachen. Bei den meisten handelte es sich um Guan Sprachen, zu denen auch das Nkonya gehört.   Seit 1987 waren Linguisten/ Bibelübersetzer des Ghana Institute of Linguistics, Literacy and Bible Translation (GILLBT) im Nkonya-Gebiet tätig, wo sie unter wissenschaftlicher Begleitung durch die University of Ghana/ Legon  Phonologie und Grammatik der Nkonyasprache erforschten, ein System der schriftlichen Wiedergabe erarbeiteten und dann mit der Übersetzung  der Bibel begannen. Am 20. November 2010 wird die abgeschlossene und gedruckte Nkonyaversion des Neuen Testaments der Öffentlichkeit übergeben.

Flensburger Praktikanten im Nkonya Language Project
Die Flensburger Wuruponggruppe war im neu errichteten Gebäude des Nkonya Language Projects in Ntumda, wenige Kilometer von Wurupong entfernt, bei einem Vortrag über die Arbeit des GILLBT, die Erforschung der Nkonyasprache und die Vorarbeiten für Alphabetisierung in Nkonya.
Das Projekt, das seit mehreren Jahren ausschließlich in ghanaischer Hand liegt,  hat  neben der Bibelübersetzung auch verschiedene Broschüren für  die Erwachsenenalphabetisierung in Nkonya, sowie zusätzliches Nkonya-Lesematerial erarbeitet.


Mittwoch, 17. November 2010

Lesen und schreiben lernen in einer Sprache, die man nicht versteht?

Kann man lesen und schreiben lernen in einer Sprache, die man zu Beginn der Schulzeit nicht versteht? Ist das möglich? Offensichtlich ja, einige schaffen es, andere schaffen es nicht. Die es nicht schaffen, gehören dann zu den Schülern, die nach sechs Jahren Primary School und drei Jahren Junior High School (JHS) die Schule verlassen, ohne Lesen und Schreiben zu können.

Wie ist das möglich? 
In Ghana werden über 50 verschiedene afrikanische Sprachen als Muttersprache gesprochen, offizielle Landessprache ist Englisch. Selbst ein reiches Land könnte es sich nicht leisten, Unterrichtsmaterial für 50 verschiedene Sprachen zu entwicklen. Ghana hat daher ‚nur’ 11 afrikanische Sprachen als offizielle Schulsprachen zugelassen, neben Englisch.
Die ‚Sprachenfrage’ gehört daher zu den grundlegenden Problemen des ghanaischen Erziehungswesens.

Studenten der Universität Flensburg Sept. 2010 im Accra College of Education
Die zweite Gruppe von Studenten der Universität Flensburg, vom 1. Sept.bis Mitte Oktober in Ghana, begann ihren Aufenthalt deshalb mit Vorträgen zum Thema „New Educational Policy of Ministry of Education“, „Policy of Teaching  Mother Tongue in Primary School” und “Methods of Teaching Reading and Writing the
MotherTongue in Ghanaian Primary Schools”. Anlaufstellen waren das Ministry of Education und das Accra College of Education, an dem Lehrer für Primarschulen ausgebildet werden.

„National Literacy Acceleration Programm“ (NALAP) heißt das Konzept, mit dem das Erziehungsministerium seit Januar 2010 das Problehm der wachsenden Zahl von Schulabgängern, die weder lesen noch schreiben können, angehen will.
Das Programm, u.a. unterstützt von GTZ und USAID, geht davon aus, dass der Erwerb der Lese-und Schreibfertigkeit möglichst in der Muttersprache erfolgen sollte, dass aber gleichzeitig der Erwerb der offiziellen Landessprache Englisch so früh wie möglich gefördert werden sollte.
Das Konzept, das Kindergarten 1 + 2 und die Primarschulklassen 1-3 umfasst, sieht pro Unterrichtstag 90 Minuten Sprach-Lese-und Schreibunterricht („Language and Literacy Period“) vor, wobei muttersprachlicher und fremdsprachlicher (Englisch)Unterricht je nach Klassenstufe unterschiedlich gewichtet werden. Das reicht von 80 Minuten ghanaische Sprache und 10 Minuten Englisch in Kindergarten 1 zu 60 Minuten ghanaische Sprache und 30 Minuten Englisch in Primary 1 bis zum Verhältnis 45 zu 45 Minuten in Primary 3.
Für jede Klassenstufe gibt es aufeinander abgestimmte Lehr-und Lernmaterialien:
- Poster zu bestimmten Themen als Sprechanlass,
- Flash cards
- „Big Book“ (Din A 3), d.h. Bilder und kurze Texte
- Lesebuch für Schüler
- Lehrerhandbuch

Alles motivierend aufgebaut und ansprechend gedruckt, das Lehrerhandbuch mit detaillierten Unterrichtsvorschlägen für die Lehrer.
Ganz toll! Jetzt muss es nur noch im Unterricht umgesetzt werden !


Sonntag, 7. November 2010

Rückblick auf Märzprojekte (3)

Und hier das letzte Projekt der Märzgruppe, das ich noch vorstellen wollte. Christian Sitta hat es in der  6. Klasse der Wurupong District Authority Primary School durchgeführt, dokumentiert durch Bilder von Sven Ellerbrock.
Thema: "Things or places which have a story to tell."







Es ging um Gegenstände oder Orte als Repräsentanten von lokaler, regionaler oder nationaler Geschichte. Ausgehend von einem Stück der Berliner Mauer erhielten die Schüler den Arbeitsauftrag durch Interviews mit Eltern und Großeltern  Gegenstände oder Orte zu identifizieren und  zu beschreiben, die eine Geschichte über Wurupong, Volta Region oder Ghana  erzählen.
Statt eines Projektberichts sollen Bilder und Schülertexte (korrigiert und z.T. gekürzt)  für sich selbst sprechen. 


(1) This is a light bulb. It has a story to tell. The story is about electricity in Ghana.

The light bulb is made up of glass and copper. The copper makes the light attract current  and is bright. We use electricity in our homes, schools, churches, hospitals etc.
In Ghana our electricity comes from the Akosombo Dam.  The dam was built in the early 1960’s. It is 124 metres high and 368 metres wide. It produces enough electricity. The dam is two kilometres long and 7,200 kilometres around the shore. It covers 4% of Ghana. 80 000 people had to leave their homes because of the lake.

There has been a problem with the dam. The problem is that sometimes there is not enough water in the dam to produce electricity.
                                   
When it was being built a huge wall was built to stop the water from going to other villages to destroy things. But the water went still into the villages and it has been a very big river in the Volta Region. So the Volta River Authority (VRA) decided to come and resettle the people in these villages.
We export electricity to neighbouring countries like Togo, Benin, Nigeria, Cote d’Ivoire, Burkina Faso and Liberia. The river is precious to all Ghanaians.
(Richard Frimpong)




(2) This is a stool. It has a story to tell. The story is about the history of the people of Nkonya.


 The stool is a symbol for installing a chief in Nkonya. The stool is carved from wood. The axe is used for carving the stool in different shapes.

Now the story: The people of Nkonya originally  migrated from Djudun somewhere in the area of Asia to the eastern part of the Sahara. When the people of Nkonya entered the country, they first settled at Nyanawase. Here a war broke out between them and the Ga-people and this resulted in the death of their first king, who was called Ansah Sasraku.

How sad! The people of Nkonya were left without a leader. ...Then the son of the late Chief  Asiakwa  took the role a the new leader and immediately led his people to a new place of settlement called Larteh in the Akuapem area in the Eastern Region.

Here too the people of Nkonya were faced with a series of wars, so they were again forced to move away from Larteh towards the Volta river to a pace called Senchie which means “come back” in Nkonya Language. Having stayed here for some time, the people of Nkonya realised that their main occupation, which is farming, was left due to lack of land.
This made the Nkonya to move away from Senehie to Obosomano, then to Kronfenda  in the northern part of river Volta. Here they stayed for several years before moving to their current and permanent place of settlement.

Having settled at Nonya-Wurupong the people decided to install their Chief by using a stool. Since then the paramount chief known as Omanhene in Wurupong and his subchiefs are installed  using a stool.
(Cogbe, Clara)


(3) This is a drum. It has a story to tell. The story is about our traditional drumming

The drum is made of hollow wood, rope and animal skin. ... Drums are played to send messages to the chief and also to sing appellations. We also use drums in our schools, churches and in our communities. It is also used for entertainment.
Sometimes when someone is missing drums are used to gather a search party to go and search for the missing person.
During a festival drums are beaten for people to dance.  Drums are used to depict our culture. When a traditionalist dies, drums are beaten at the funeral ground.
Also when a chief should die drums are used to send messages across neighbouring towns and communities.
During the instalment of a new chief drums are beaten to sing the appellation of the new chief and also to make him feel proud.
(Klabi, Godwin)




(4) This is a flag of Ghana. It has a story to tell. The story is about Independence of Ghana

The flag of Ghana is a piece of cloth coloured red, gold, green and a black star in the gold.
The red means: The blood of our fathers who toiled for our independence.
The yellow means: The gold or other minerals of the country.
The green means: The vegetation of the country.
The black star means:  The Africans are dark in complexion.
It is used to remember our independence, to remember the blood our fathers toiled for our independence. It is a symbol of our independence.It is used to represent Ghana at international matches and tournaments.
Some patriotic citizens who led us to independence include Dr. Kwame Nkrumah, Dr. J.B. Danquah,  Obetsebi Lamptey, Ako Adjei and William Ofori Attah.
Some citizens of the Gold Coast rose up against the British in the year 1948. At that time there was a British governing the Gold Coast , who was sent by the Queen of Britain. After Nkrumah won the election, he became the leader of government business, one step towards independence. Finally, on 6th March 1957 Ghana was born and the name Gold Coast changed to Ghana.  Dr. Kwame Nkrumah declared: "At long last, the battle has ended and thus Ghana our beloved country is free forever." Dr. Kwame Nkrumah was now Prime Minister of the free country. On 1st July 1960 Ghana became republic...
(Darko, Richard)

(5) This is gold. It has a story to tell. The story is about where we get gold from.

Gold is found in the earth crust. The people who dig the gold are called gold miners and the people who use the gold are called goldsmiths. ... The gold is used for many things e.g. crowns, rings etc. The crown is used by a chief when there is a festival. The chief will put the crown on his head. Rings are used when a man and a woman are getting married. Ghana was formerly called Gold Coast  because the land was rich in Gold. Since we have many natural resources the Portuguese and other white men came for some of our natural resources e.g. gold and took it away . Also many people went into slavery in exchange of money, gun powder and hard drinks.........   But through a group of people Ghana achieved independence.These people were Dr. Nkrumah, Dr. J.B. Danquah, Ako Adjei, Obetsebi Lamptey, Akuffo Addo and Ofori Atta.
So Kwame Nkrumah became the first president of Ghana. Long live Ghana!    (Agbetsiafa, Junior)


(6) This is a spectacle. It has a story to tell. The story is about the eclipse of the sun.

The spectacle is made of a piece of paper and a piece of glass. We used it to watch the eclipse. We put it on our eyes to watch when there is an eclipse of the sun.
When  the sun and the moon meet, the sky becomes dark. We could not see anything or touch anything. ...Animals were running.
When you don't have spectacles you can't see that the sky is dark or clean.
We were in school when the eclipse happened on Wednesday 29th March, 2006 from  9:07 to 9:10. The eclipse was for 3 minutes. ...
Those people who were not having  glasses they fetched water into a bucket to see the eclipse of the sun.
(Agbogla, Gifty)





Hier betrachtet ein Schüler die fertigen Arbeiten auf dem Informationsstand  seiner Klasse während der Ausstellung am 19. März 2010 im Wurupong Community Centre.

Rückblick auf Märzprojekte (2)

My Family in History
(Friederike Rautenberg)

 Die Bedeutung von Zeitzeugen in  der Geschichtswissenschaft ist zwar umstritten, jedoch nicht von der Hand zu weisen. Wenn ein solcher Zeitzeuge auch noch einen persönlichen Bezug zum Lernenden hat, kann hier eine Brücke geschlagen werden zu den Zahlen, Daten und Fakten der traditionellen Geschichtswissenschaft- ganz im Sinne der modernen Geschichtsdidaktik.
Die Verwobenheit der Geschichte der eigenen Familie mit der Nationalgeschichte zu verdeutlichen, kann eine wichtige Hilfe sein, um zu zeigen, dass Geschichte auch etwas mit der eigenen Identität zu tun hat und nicht nur die Entscheidungen vermeintlich großer Staatsmänner dokumentiert. Dass Geschichte aus dem Alltag und den Lebensumständen der Menschen entsteht, kann an Familienerbstücken, -traditionen, und –stammbäumen exemplarisch in Bezug zu dem Schüler gesetzt werden.
Dieses Projekt ist angeregt von der eigenen Erfahrung, die Erzählungen aus den Erinnerungen der eigenen Großeltern in Verbindung mit den Lerninhalten des Geschichtsunterrichts zu setzen. Die Schüler des 2. Jahrgangs der Roman Catholic Junior High School in Nkonya Wurupong, im Alter zwischen 12 und 16 Jahren, sollten die Möglichkeit bekommen, ähnliche Gedanken und Bezüge zu erfahren.
Angeregt durch ein Foto eines deutschen Großvaters, der seiner Enkelin „seine“ Geschichte der II. Weltkrieges und der Nachkriegszeit mit Hilfe eines alten Fotoalbums erzählt, sollte es an den ghanaischen Schülern in Wurupong sein, ebenfalls die Geschichte ihrer Familie zu dokumentieren.


Der erste Schritt lag also darin, ein älteres Familienmitglied zu befragen: „Welche wichtigen Ereignisse hast du miterlebt? Wie war das Leben, als du so alt warst wie ich? Welche Geschichten erzählt man sich schon lange in unserer Familie? Gibt es ein Bild/einen Gegenstand, der diese Geschichte dokumentiert?“
Die Ergebnisse dieses Schrittes erweckten zu weiten Teilen den Anschein, aus dem Lehrbuch abgeschrieben zu sein, was den reproduktiven Charakter des herkömmlichen historischen Unterrichts widerspiegelt. Doch gab es auch Beiträge über die Wanderung der Ewe und Nkonya in ihr heutiges Wohngebiet, die Geschichte des Dorfes Wurupong zu Zeiten des Kolonialismus oder über die Kindheit der Verwandten unter der Herrschaft des Staatführers und Revolutionärs Kwame Nkrumah.

Das Belegen der Geschichte durch einen Gegenstand oder ein Bild schien da dem Großteil der Schüler doch leichter zu fallen. Sie brachten Bildnisse von Kwame Nkrumah, traditionell gewebte Kente- Stoffe, Waffen, Schmuck, alte Fotos und selbst gemalte Bilder mit.

 

Der bei den Schülern beliebteste Teil des Projekts war es dann schließlich, sich mit dem Geschichtenerzähler, meist noch mit der ganzen Familie und einigen Schulfreunden, und dem Gegenstand fotografieren zu lassen. Technik reizt junge Menschen auch in der entlegenen Voltaregion Westafrikas.
So entstand ein Teil der Bilder dieser Ausstellung.

Viele der Bilder konnten in Wurupong mithilfe eines Fotodruckers ausgedruckt werden, um zusammen mit den niedergeschriebenen Familiengeschichten zu einem Dokument für eine Ausstellung zu werden und so die Geschichten dem ganzen Dorf zugänglich zu machen.
Wir hoffen, das der didaktische Ansatz der eigenen Produktion, die Orientierung zur Identitätsfindung in greifbaren Realitäten und die Stärkung des Selbstbewusstseins auch mit diesem Projekt in der
Schullandschaft Wurupongs angeregt wurde und zukünftig noch von vielen Praktikanten mithilfe der nötigen Unterstützung angeregt werden kann.





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Samstag, 6. November 2010

Rückblick auf Märzprojekte (1)

Rückblick auf die Projekte, die vom 13. bis 20. März von Flensburger Studenten unter der Leitung von Professor Bea Lundt an den Schulen Wurupongs durchgeführt wurden.

Das hätte ich mir denken können: Als der Blog startete, fünf Monate nach dem Ghanaaufenthalt,  waren die Teilnehmer der Flensburger März-Gruppe alle in anderen Zusammenhängen tätig und zeitlich gebunden. Es war daher nicht ganz leicht, nachträglich Material zusammenzustellen.  Was sich jetzt noch sammeln ließ an Berichten und Bildern, lässt aber erahnen, wie gut die Projekte ankamen.
Die einzelnen Projektberichte  sind von den Autoren namentlich gekennzeichnet. Die Bilder stammen von Sven Ellerbrock


"My History“: Projekt in Schulen einer ländlichen Region, dem Ort Nkonya Wurupong
(Prof Bea Lundt)
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..Schülerinnen und Schüler des Ortes sind an weitgehend reproduktive Unterrichtsformen gewöhnt und erhalten nur wenig Unterstützung durch ihre Eltern. Ziel war es daher, die örtliche Gemeinschaft für die Arbeit der Kinder zu interessieren und das Bewußtsein für die Wichtigkeit eines subjektiven Lernens und Verarbeitens von Unterrichtstoff zu sensibilisieren; Lehrerinnen und Lehrer sollten Angebote für handlungsorientiertes Arbeiten erhalten. Eine Veranstaltung für Schulleiter und Mentoren stand am Anfang: die Projektidee wurde vorgestellt und erläutert und die Schulen konnten sich für ein Teilprojekt entscheiden, das von jeweils zwei Studierenden vorgestellt wurde. Die Gruppe aus Flensburg arbeitete in 4 Klassen und präsentierte die Ergebnisse (Bilder, Geschichten) auf Stellwänden im Gemeindezentrum. Die Arbeitsproben wurden ergänzt durch Fotos, die den Prozess der Entstehung dokumentierten und die Beteiligten bei der Arbeit zeigten...

Teilprojekt Lundt im Rahmen des Schulprojektes in Wurupong: Im Rahmen des Unterrichtsprojektes in Wurupong übernahm ich einen 6. Jahrgang der Wurupong RC Primary School.  Als Ausgangsstimulus  zeigte ich Fotos aus meiner Kindheit und beschrieb den ersten Schultag als wichtiges Ereignis in meiner Biographie. Die Frage nach vergleichbaren  „wichtigen Ereignissen“ im Leben der Eltern und Großeltern wurde bald transzendiert auf die eigene Lebenswelt. Ich stellte den Schülerinnen und Schülern die Aufgabe, einen besonders wichtigen Tag im eigenen Leben in Geschichten und Bildern zu gestalten. Sie malten Bilder und schrieben Geschichten über zentrale Erfahrungen ihres Lebens: eine Reise in die Hauptstadt Accra, die Teilnahme an einem Fußballspiel, die erste Begegnung mit technischen Geräten wie PCs, aber auch Familienfeste. Eine bedrohliche Szene und Selbstwahrnehmung  gestaltete der junge Lehrer: Er malte ein Bild, das ihn auf einem Ast zeigte, den er sich selber absägte; ein Hinweis auf die prekäre Situation einer gut ausgebildeten Lehrperson, die sich ohne Aufstiegschancen in einen kleinen Ortverbannt sieht, der weitgehend völlig unausgestattete Schulen hat. 

Abschließend wurde  im Klassengespräch versucht, das Leben unmittelbarer Bezugspersonen und auch das eigene Leben als Teil von „Geschichte“ und als wertvollen Gegenstand von Unterricht zu definieren.  Die Zielperspektive war es, Historie nicht als ein verordnetes Korsett aus Daten und Fakten über fremde und ferne Vorgänge „großer Männer“ zu verstehen, sondern Geschichte als einen Prozeß zu begreifen, an dem alle Menschen Anteil haben. Denn  Geschichtsbilder werden von den Menschen konstruiert, die bestimmte Orientierungsbedürfnisse mit ihnen verbinden. Dabei können die Bilder über dasselbe Ereignis angesichts der subjektiven Erfahrung durchaus kontrovers sein; es werden Perspektiven auch in der Öffentlichkeit, der „Geschichtskultur“, immer wieder neu verhandelt.  Über solche Fragen wurde gemeinsam nachgedacht.  Leider kam es aus Zeitmangel zu keinem Auswertungsgespräch mit der Klasse mehr im Anschluß an die Ausstellung, sodaß die Frage, wie die Kinder die Präsentation ihrer Arbeiten wahrgenommen haben, offen bleiben mußte. Doch hörten wir, Eltern seien so stolz gewesen auf die Produkte, die ihre Kinder in der Schule erstellt hatten, dass sie ihnen ein Ei gekocht hätten, eine besondere Delikatsse und grosse Ausnahme im täglichen Küchenzettel.





Freitag, 27. August 2010

Wie kann so etwas praktisch aussehen?

Anregende Lernerfahrungen? – Erfolgserlebnisse und dadurch Motivaton der Schüler?
Wie ist das praktisch zu bewerkstelligen ?

Geplant war ein Unterrichtsprojekt an den Schulen Wurupongs: Ungewohnte, anregende Lehr-und Lernerfahrungen sowie als Abschluss des Projekts eine öffentliche Ausstellung im Wurupong Community Center. Dadurch sollte zuallererst den Schülern die Erfahrung vermittelt werden, im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen. Sie, die immer nur gescholten werden, weil sie zu spät zum Unterricht kommen, weil sie die Hausaufgaben nicht gemacht haben, weil die Schuluniform nicht sauber ist oder ein Knopf fehlt, oder einfach nur, weil sie nicht das wissen, was sie wissen sollten, sie sollten die Erfahrung machen, dass sie fähig sind, etwas Beachtenswertes hervorzubringen, etwas, das so viel Wert hat, dass es sogar in einer öffentlichen Ausstellung gezeigt werden kann. Es ging also darum, den Schülern aktives, schülerzentriertes Lernen zu ermöglichen, Erfolgserlebnisse zu vermitteln und dadurch Lernmotivation zu schaffen.

Die Durchführung dieses Projektes wäre nicht möglich gewesen ohne die Initiative von Prof. Bea Lundt von der Universität Flensburg. Mit einer Gruppe von sechs Studenten war sie im März 2010 eine Woche lang in Wurupong. Unter ihrer Leitung hatten die Studenten spezielle Unterrichtsprojekte vorbereitet. Alle fünf Schulen Wurupongs waren beteiligt: District Authority Primary School, Roman Catholic Primary School, Presbyterian Primary School, Roman Catholic Junior High School und Presbyterian Junior High School.
Partner Uni Flensburg -Wurupong

Eine Woche lang übernahmen die Flensburger täglich zwei Unterrichtsstunden des Faches ‚Social Studies’, wobei jede Klasse eine unterschiedliche Fragestellung bearbeitete, in der es um die Verbindung von persönlicher Lebensgeschichte, Familiengeschichte, Lokalgeschichte und Geschichte des Landes ging.
Zum Beispiel wurden zu einem besonderen Ereignis im persönlichen Leben Bilder gemalt und Texte geschrieben. Eltern und Verwandte wurden nach Familiengeschichte und nach Erinnerungen an besondere historische Ereignisse befragt, die Interviews mit Fotos dokumentiert und dann schriftlich festgehalten. Eine andere Klasse untersuchte Gegenstände oder Örtlichkeiten auf ihre Beziehung zur lokalen, regionalen oder nationalen Geschichte hin.
Zu jedem Thema wurden Bilder gemalt und Texte geschrieben, der Unterricht wurde von einem der Studenten, Sven Ellerbrock, mit der Kamera dokumentiert und alle Ergebnisse auf einer Stellwand festgtehalten.

Alle für das Projekt benötigten Materialien, Buntstifte, Bleistifte, Radiergummis, Kulis, Tapetenrollen, Papier/ Hefte, Klebestifte und-rollen, sowie einen Drucker für die Fotos/Fotopapier hatten die Studenten mitgebracht.

Die Austtellung im Community Center am Ende der Projektwoche, Freitag, den 19.3.2010, war ein großer Erfolg. Nana Asiakwa II, Paramount Chief of Nkonya Traditional Area, war mit seinem „Ältestenrat“ anwesend, sowie alle Schulen, d.h. alle Schüler und Lehrer Wurupongs und eine beachtliche Anzahl von Eltern – dadurch identifizierbar , dass sie von Schülern vor die Stellwände gezerrt wurden, um gemaltes Bild und Text sowie die Fotos ihrer Kinder zu bewundern. Gücklicherweise war als Chairman der Veranstaltung der gewählte Vertreter Wurupongs in der Distriktversammlung anwesend, der alle Reden, die das Projekt erklärten bzw. Erziehungsfragen behandelten, in Nkonya übersetzte bzw. zusammenfasste, so dass auch Eltern, die nicht genug Englisch verstehen, mitbekamen, um was es ging.

Mit dem Unterrichtsprojekt und der Ausstellung wurden demnach alle Adressatengruppen erreicht: Die Schüler, die ihre Arbeit im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses sahen; die Eltern, die wohl zum ersten mal die Arbeiten ihrer Kinder in der Schule wahrnahmen; die Lehrer, die ihre Schüler vielleicht noch nie so begeistert bei einer Sache gesehen haben und natürlich auch die traditionellen und modernen Autoritäten, Chief und Assemblyman, die zugeben mussten, dass es sich lohnt, im Bereich Erziehung etwas zu unternehmen.

Das nicht verbrauchte Material, Papier und Buntstifte, verblieb in den Schulen. Schon am ersten Projekttag hatten Lehrer gemeldet, dass sie auch gern so etwas machen würden, aber keine Materialien hätten.
Die 4 Stellwände und Bilder gingen anschließend in den Besitz der beteiligten Schule über.

Die Idee, im Zusammenhang mit diesen Unterrichtsprojekten zur Lokalgschichte eine Art Heimatmuseum im Wurupong Community Center aufzubauen, musste dagegen zunächst einmal auf Eis gelegt werden. Das Projekt hat hierzu interessante Ansätze gezeigt, aber weitere längerfristige Vorarbeiten sind nötig, sicher auch die Beratung durch einen Museumspädagogen.

Bevor wir durchstarten zum nächsten Kooperationsprojekt Wurupong-Universität Flensburg, das am 11. September 2010 beginnt, möchte ich einen genaueren Einblick in die abgeschlossenen Unterrichtsprojekte an den Schulen Wurupongs vermitteln. In den nächsten Tagen werde ich daher individuelle Berichte und Bilder der Studenten, die im März 2010 in Wurupong waren, in den Blog aufnehmen.

Dienstag, 24. August 2010

Wie kann man daran etwas ändern?

Was sind die Ursachen für das generelle Schulversagen? Was kann man tun, um das Lernen in den Schulen zu verbessern?

Im November 2009 haben wir diese Frage zahlreichen Personen in Wurupong gestellt: Eltern, Schulleitern, Lehrern, Schülern und Vertretern der traditionellen Gemeindeverwaltung( Nananom). Im Dezember 2009 trafen sich Vertreter dieser Gruppen, diskutierten die Ergebnisse der Umfrage und einigten sich auf eine Strategie, die Eltern, Lehrer, Schüler und Gemeinde-verwaltung in einen Veränderungsprozess einbinden soll.

Was soll das Projekt bewirken?

Durch verschiedene aufeinander abgestimmte Aktionen sollen Schüler zum Lernen und Lehrer zum effektiveren Unterrichten motiviert werden. Eltern sollen verstehen, dass ihr Beitrag für das schulische Lernen ihrer Kinder wichtig ist und dass ihre Indifferenz den schulischen Erfolg behindert. Die traditionelle Gemeindeverwaltung (Nananom) muss ihre Verantwortung für Probleme der Schulen sichtbar wahrnehmen.

Kurz gesagt, es geht um Ziele wie Verbesserung der Unterrichtsqualität durch Lehrerfortbildung und durch Verfügbarkeit von Lehrmitteln, um die Verbesserung der Lernbereitschaft der Schüler durch stimulierende Lernerfahrungen im Rahmen von speziellen Unterrichtsprojekten und durch Anerkennung der Leistung z.B. durch die Präsentation von Schulprojekten in der Öffentlichkeit. Schließlich geht es um eine kontinuierliche und geregelte Zusammenheit von Schulen, Lehrern, Eltern, Gemeinde und staatlicher Schulaufsicht.

Wie kann so etwas praktisch aussehen? Dazu gibt es in den nächsten Tagen ein paar Beispiele. Dank Sven Ellerbrock sogar mit Fotos.