Sonntag, 7. November 2010

Rückblick auf Märzprojekte (2)

My Family in History
(Friederike Rautenberg)

 Die Bedeutung von Zeitzeugen in  der Geschichtswissenschaft ist zwar umstritten, jedoch nicht von der Hand zu weisen. Wenn ein solcher Zeitzeuge auch noch einen persönlichen Bezug zum Lernenden hat, kann hier eine Brücke geschlagen werden zu den Zahlen, Daten und Fakten der traditionellen Geschichtswissenschaft- ganz im Sinne der modernen Geschichtsdidaktik.
Die Verwobenheit der Geschichte der eigenen Familie mit der Nationalgeschichte zu verdeutlichen, kann eine wichtige Hilfe sein, um zu zeigen, dass Geschichte auch etwas mit der eigenen Identität zu tun hat und nicht nur die Entscheidungen vermeintlich großer Staatsmänner dokumentiert. Dass Geschichte aus dem Alltag und den Lebensumständen der Menschen entsteht, kann an Familienerbstücken, -traditionen, und –stammbäumen exemplarisch in Bezug zu dem Schüler gesetzt werden.
Dieses Projekt ist angeregt von der eigenen Erfahrung, die Erzählungen aus den Erinnerungen der eigenen Großeltern in Verbindung mit den Lerninhalten des Geschichtsunterrichts zu setzen. Die Schüler des 2. Jahrgangs der Roman Catholic Junior High School in Nkonya Wurupong, im Alter zwischen 12 und 16 Jahren, sollten die Möglichkeit bekommen, ähnliche Gedanken und Bezüge zu erfahren.
Angeregt durch ein Foto eines deutschen Großvaters, der seiner Enkelin „seine“ Geschichte der II. Weltkrieges und der Nachkriegszeit mit Hilfe eines alten Fotoalbums erzählt, sollte es an den ghanaischen Schülern in Wurupong sein, ebenfalls die Geschichte ihrer Familie zu dokumentieren.


Der erste Schritt lag also darin, ein älteres Familienmitglied zu befragen: „Welche wichtigen Ereignisse hast du miterlebt? Wie war das Leben, als du so alt warst wie ich? Welche Geschichten erzählt man sich schon lange in unserer Familie? Gibt es ein Bild/einen Gegenstand, der diese Geschichte dokumentiert?“
Die Ergebnisse dieses Schrittes erweckten zu weiten Teilen den Anschein, aus dem Lehrbuch abgeschrieben zu sein, was den reproduktiven Charakter des herkömmlichen historischen Unterrichts widerspiegelt. Doch gab es auch Beiträge über die Wanderung der Ewe und Nkonya in ihr heutiges Wohngebiet, die Geschichte des Dorfes Wurupong zu Zeiten des Kolonialismus oder über die Kindheit der Verwandten unter der Herrschaft des Staatführers und Revolutionärs Kwame Nkrumah.

Das Belegen der Geschichte durch einen Gegenstand oder ein Bild schien da dem Großteil der Schüler doch leichter zu fallen. Sie brachten Bildnisse von Kwame Nkrumah, traditionell gewebte Kente- Stoffe, Waffen, Schmuck, alte Fotos und selbst gemalte Bilder mit.

 

Der bei den Schülern beliebteste Teil des Projekts war es dann schließlich, sich mit dem Geschichtenerzähler, meist noch mit der ganzen Familie und einigen Schulfreunden, und dem Gegenstand fotografieren zu lassen. Technik reizt junge Menschen auch in der entlegenen Voltaregion Westafrikas.
So entstand ein Teil der Bilder dieser Ausstellung.

Viele der Bilder konnten in Wurupong mithilfe eines Fotodruckers ausgedruckt werden, um zusammen mit den niedergeschriebenen Familiengeschichten zu einem Dokument für eine Ausstellung zu werden und so die Geschichten dem ganzen Dorf zugänglich zu machen.
Wir hoffen, das der didaktische Ansatz der eigenen Produktion, die Orientierung zur Identitätsfindung in greifbaren Realitäten und die Stärkung des Selbstbewusstseins auch mit diesem Projekt in der
Schullandschaft Wurupongs angeregt wurde und zukünftig noch von vielen Praktikanten mithilfe der nötigen Unterstützung angeregt werden kann.





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